Almabtrieb in den Alpen: gelebte Tradition

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Der Spätsommer und Herbst sind in den Alpen eine ganz besondere Zeit. Langsam bereiten sich Hirten und ihr Vieh auf die Rückkehr ins Winterquartier vor. Wie seit Jahrhunderten treiben sie ihre Tiere vom Hochgebirge hinab ins Tal – ein stimmungsvolles Zeichen dafür, dass der Sommer zu Ende geht. Überall in den Bergdörfern herrscht geschäftiges Treiben, denn Mensch und Tier machen sich auf den Heimweg. Was im Frühjahr mit dem feierlichen Auftrieb begann, findet nun seinen krönenden Abschluss in einem der schönsten Bräuche der Alpen: dem Almabtrieb.

Doch nicht nur Kühe verlassen die saftigen Hochalmen. Auch Schafe, Ziegen und Pferde treten ihren Weg ins Tal an. Dabei geht es längst nicht nur um den bloßen Rücktransport der Tiere in ihre Ställe. Der Almabtrieb ist ein Fest, das Kultur, Handwerk, Musik und Kulinarik miteinander vereint. In Regionen wie dem Zillertal, den Tälern Tirols und Salzburgs zieht er Gäste aus aller Welt an. Dieses Spektakel ist nicht nur gelebte Tradition, sondern auch ein Genuss für Augen, Ohren und Gaumen. Wir erklären, was hinter diesem Brauch steckt, und stellen die beliebtesten Almabtriebe des Herbstes vor.

Was ist ein Almabtrieb und warum wird er gefeiert?

Der Almabtrieb markiert das Ende des Bergsommers. Über Monate hinweg haben die Tiere auf den hochgelegenen Weiden gegrast, fernab von Straßenverkehr, umgeben von klarer Bergluft und würzigen Kräutern. Der Abtrieb ins Tal findet meist im September statt, bevor der erste Schnee fällt.

Traditionell war der Almabtrieb auch ein Dankesfest: Wenn alle Tiere den Sommer unversehrt überstanden hatten, schmückte man sie besonders prächtig. Kränze aus Tannenzweigen, bunte Bänder, Glocken und kunstvolle Blumengebinde werden liebevoll von Hand angefertigt. Die Hirten tragen ihre besten Trachten, und der Einzug ins Dorf wird von Musik und Feierlichkeiten begleitet. Heute ist der Almabtrieb nicht nur ein wichtiger Teil der landwirtschaftlichen Kultur, sondern auch ein Touristenmagnet, der das Brauchtum lebendig hält.

Die großen Almabtriebe der Alpen

Zu den bekanntesten und größten Abtrieben zählen neben dem Tarrenzer Schafschied und der Schafschoad in Nassereith vor allem die Feste im Zillertal. Besonders in Finkenberg und Mayrhofen zieht der Almabtrieb tausende Besucher an. Hier marschieren prächtig geschmückte Kühe, Schafe und sogar die berühmten Tiroler Haflinger durch die Straßen, begleitet von Blasmusik, Trachtengruppen und Marktständen.

Ein Highlight im Spätsommer ist der Almabtrieb in Gerlos bei dem nicht nur die Tierparade, sondern auch das umfangreiche Rahmenprogramm mit Musik, Bauernmarkt und Handwerksvorführungen begeistert. In ganz Österreich, Bayern, der Schweiz und Südtirol gibt es ähnliche Feste, vom kleinen Dorfabtrieb mit wenigen Dutzend Tieren bis zu Großveranstaltungen mit mehreren tausend Besuchern.

Regionale Unterschiede

In Teilen von Bayern, den österreichischen Regionen und in der Schweiz werden alle Kühe beim Almabtrieb prächtig geschmückt. Im Allgäu trägt dagegen nur die Leitkuh den kunstvollen Kopfschmuck. Im Berchtesgadener Land hingegen erhält sogar das Jungvieh prachtvolle Latschenbuschen. In Südtirol ist es Brauch, die Tiere mit dem Schnalzen und Krachen der sogenannten „Goaslschnöller“ – Peitschenartisten mit bis zu sechs Meter langen Lederpeitschen – zu begrüßen.

Diese regionalen Eigenheiten verleihen jedem Almabtrieb seinen unverwechselbaren Charakter. Farben, Musik, Gerüche und Rituale variieren von Ort zu Ort – und genau das macht den Besuch in verschiedenen Alpenregionen so besonders.

Von der Alm ins Fest

Für die Hirten bedeutet der Almabtrieb einen Wechsel vom harten Arbeitsalltag in den Bergen zu einem festlichen Höhepunkt. Unterwegs tauschen sie ihre wetterfeste Kleidung gegen bestickte Lederhosen, weiße Hemden und reich verzierte Hüte. Dieser Traditionswechsel hat eine lange Geschichte und symbolisiert Stolz und Dankbarkeit für eine gute Saison auf der Alm.

Dörfer voller Musik und Duft

Sobald die Tiere im Tal ankommen, verwandeln sich die Dörfer in Festmeilen. Musikgruppen spielen auf, Besucher genießen herzhafte Spezialitäten, und auf den Märkten bieten Bauern und Handwerker ihre Produkte an. Viele Feste dauern den ganzen Tag, und mancherorts wird bis in die Nacht getanzt. Besonders für Urlauber ist dies eine seltene Gelegenheit, authentisches Alpenbrauchtum hautnah zu erleben.

Kulinarische Höhepunkte

Die kulinarische Vielfalt während der Almabtriebe ist ebenso beeindruckend wie die festliche Stimmung. Neben frisch hergestelltem Almkäse aus Kuh- oder Ziegenmilch locken cremige Butter, würziger Quark, aromatischer Berghonig und luftgetrocknete Speck-Spezialitäten. In Tirol werden oft auch Kiachl – in Fett ausgebackene Hefefladen mit Preiselbeeren oder Sauerkraut – angeboten. In Vorarlberg genießt man Käsespätzle, in Südtirol deftige Schlutzkrapfen, und in der Schweiz darf eine Scheibe Bündnerfleisch nicht fehlen.

Viele dieser Köstlichkeiten gibt es nur direkt vor Ort – und oft in Handarbeit von kleinen Betrieben hergestellt. Wer ein Stück Alpenkulinarik mit nach Hause nehmen möchte, sollte einen Einkauf auf den begleitenden Bauernmärkten einplanen.

Termine der größten Almabtriebe 2025

Neben den großen, bekannten Veranstaltungen gibt es in der gesamten Alpenregion noch viele weitere Almabtriebe zu entdecken. Zwischen Mitte September und Anfang Oktober verwandeln sich auch kleinere Orte und Täler in Österreich, Bayern, Südtirol und der Schweiz in bunte Festplätze. Dort ziehen oft weniger Tiere, dafür aber in besonders familiärer und authentischer Atmosphäre, durch die Straßen. Ein Geheimtipp für alle, die das Brauchtum abseits der großen Menschenmengen erleben möchten. Hier findest du alle Termine zum Almabtrieb und Viehscheid in Bayern, im Allgäu, in Österreich, in der Schweiz und in Südtirol.

Sicherheits- und Verhaltenstipps für Besucher

Ein Almabtrieb ist ein lebendiges und manchmal auch unvorhersehbares Ereignis – schließlich spielen hier Hunderte Tiere, enge Straßen und viele Menschen zusammen. Damit das Erlebnis für alle angenehm und sicher bleibt, sollten Besucher ein paar einfache, aber wichtige Regeln beachten:

  • Genügend Abstand zu den Tieren halten: Kühe, Schafe und Pferde können auf enge Menschenmengen nervös reagieren. Auch wenn sie friedlich wirken, sind plötzliche Bewegungen möglich. Halten Sie daher stets etwas Abstand und bleiben Sie am Straßenrand.
  • Hunde unbedingt an die Leine nehmen: Freilaufende Hunde können die Herde erschrecken und zu gefährlichen Situationen führen. Am besten bleibt der Vierbeiner nicht nur angeleint, sondern auch etwas abseits des direkten Tierzuges.
  • Nicht in den Zug der Tiere hineingehen: Die Herde folgt einem festen Weg und Rhythmus. Wer hineinläuft oder versucht, sich zwischen den Tieren zu bewegen, stört nicht nur den Ablauf, sondern bringt sich selbst und andere in Gefahr.
  • Fotografieren mit Umsicht: Blitzlicht oder hektische Bewegungen können Tiere verunsichern. Fotografieren Sie lieber aus sicherer Entfernung und ohne in den Weg zu treten.
  • Kleine Kinder im Blick behalten: Für Kinder ist der Almabtrieb ein tolles Erlebnis, aber sie sollten immer an der Hand eines Erwachsenen bleiben – vor allem, wenn sich die Herde nähert.
  • Auf Anweisungen der Helfer achten: Entlang der Strecke stehen oft Einheimische oder freiwillige Helfer, die den Ablauf koordinieren. Befolgen Sie ihre Hinweise, um den sicheren Ablauf zu gewährleisten.

Wer diese Regeln beachtet, sorgt nicht nur für Sicherheit, sondern trägt auch dazu bei, dass der Almabtrieb für Hirten, Besucher und Tiere gleichermaßen zu einem schönen Erlebnis wird.

Tipp: Wer den Almabtrieb miterleben möchte, sollte frühzeitig vor Ort sein. Die besten Plätze am Straßenrand sind schnell vergeben. Festes Schuhwerk, eine Kamera und Appetit auf regionale Schmankerl gehören unbedingt ins Gepäck.

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